„BLATTER-IRRSINN! Fußball-Frauen zum Geschlechts-Test“ – Diese Schlagzeile auf der ersten Seite der VfL-Vereinszeitung führte zu der Gewissheit, dass da jemand den Verstand verloren hat. Tatsächlich aber ziert dieser Titel die Cover-Seite der BILD-Zeitung vom 27. Mai 2015. Und BILD k a n n einen derartigen Irrsinn vermarkten, macht Geschäfte damit. Je irrer, desto besser.
Offenbar gilt die Regel: Je größer das Format, desto vertrauenswürdiger und interessanter ist das Produkt für den Leser.
Etwa in der Reihenfolge: BILD, Frankfurter Allgemeine (FAZ), DIE ZEIT, Nordwest-Zeitung, Rasteder Rundschau, Vereinszeitung, Gesangbuch, Mao-Bibel, von groß nach klein. Nicht alle setzen den Irrsinn als umsatzfördernde Waffe ein. Die FAZ kommt am selben Tag wie oben mit dem Titel raus: „Unionspolitiker werben für die Homo-Ehe”, der ebenso durchaus aufmerken lässt, DIE ZEIT mit „Was macht intelligent?” (wieder mal typisch für dieses Blatt), die Nordwest-Zeitung mit „Geld bei harter Landung – Veranstalter muss Urlauberin mehr als 6000 Euro zahlen”, die Rundschau titelt mit „Durchblick in Sachen Natur – Kindergarten- und Schulkinder in Rastede engagieren sich im Grünen” … und am Ende wollen wir nicht auch noch Mao bemühen.
Eins ist klar: BILD ist nicht zu stoppen. Dafür ist sie zu groß und, zugegeben, zu gut gemacht. Auch DIE ZEIT kommt schon seit etlichen Jahren flockig-locker und hat damit einen Riesenerfolg. Qualität in der Berichterstattung immer vorausgesetzt. Das ist auch oberstes Prinzip der FAZ, die politisch aus der erzkonservativen Ecke herausgekrabbelt ist und als fast liberale Zeitung der Bundeskanzlerin bei ihrer Neuausrichtung der CDU das ideologische Rüstzeug liefert.
Großen Lustgewinn bieten die in der Wüstenei der Seriosität dann und wann auftretenden Ausraster eines Redakteurs. Einer davon, der am 16. Mai 2015 in das Feuilleton der FAZ eingeschlagen war, muss ganz einfach hier zitiert werden. Es heißt im Rahmen einer kurzen Besprechung des Romans „Venus siegt” des bekannten Autors und Redakteurs der FAZ (!) Dietmar Dath unter anderem: „Mit unverständlichen Spekulationen über neue Formen der Liebe und Politik versucht der Verfasser, von seiner dörflichen Herkunft, seinem schlechten Abiturdurchschnitt und seiner akademisch nicht genehmigten Schreibweise abzulenken … aber neunzig Prozent des Erlöses gehen an obskure Bürgerinitiativen.”
Lupo hat diese Stelle lange ungläubig bestaunt. Da werkelt ein Nachfolger von Marcel Reich-Ranicki, kaum zu glauben! Ganz schön rüde, allerdings ein kostbarer Fund, den man botanisieren müsste.
Gehen Sie auch mal in der rasteder rundschau auf Schmetterlingsfang!
Ihr Lupo