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Als der Großherzog einmal die Zeche prellte

Mit CultureApp durch die 1000-jährige Geschichte Rastedes. Neues Format löst CultureCall ab.

Von Britta Lübbers

Wer hören möchte, wie Hofgärtner Carl Ferdinand Bosse im 18. Jahrhundert den ersten Rhododendron im Schlosspark von Rastede pflanzte, der sollte die neue CultureApp für den Residenzort nutzen. Hier lassen sich kurzweilige Geschichten zu 20 lokalen Sehenswürdigkeiten abrufen – akustische Untermalung inklusive – der Hofgärtner sticht den Spaten hörbar in die Erde. Knapp 300 Jahre ist das her, die Rhododendren gehören inzwischen zu den beliebtesten Natursehenswürdigkeiten im Landkreis.

Die CultureApp für Rastede löst das Format CultureCall ab, das 2011 an den Start gegangen war und Wissen zu 16 Stationen vermittelt hatte. Der neue Auftritt präsentiert sich verschlankt und zeitgemäß. Um CultureCall zu gebrauchen, musste man sich einwählen. Jetzt gelangen Nutzerinnen und Nutzer schnell und unkompliziert mit einem QR-Code zum Auswahlmenü. Die einzelnen Standorte sind mit Hinweisschildern gekennzeichnet, die Hintergründe zu Berühmtheiten, Bauwerken, Plätzen und Landschafts-Highlights in deutscher und englischer Sprache abrufbar. Zudem wird eine interaktive Karte angeboten. Umgesetzt und produziert wurde CultureApp vom Unternehmen CultureCall. Sprecherinnen und Sprecher sind die Entertainerin, Moderatorin und Intendantin des Platt-Art-Festivals Annie Heger, die freie Autorin, Schauspielerin und Sprecherin für das Niederdeutsche Hörspiel Ruth Hunfeld sowie der Schauspieler, Regisseur und Sprecher Oliver Peuker.

Keine Staubsaugerfirma

In großer Runde stellten die Beteiligten das Projekt gestern im Palais Rastede vor. Basis des Hörrundgangs sind Informationen, die ursprünglich für CultureCall zusammengestellt worden waren. Federführend hatte hier die damalige Gemeindearchivarin Margarethe Pauly gewirkt. „Wir haben die Inhalte zu den vorhandenen 16 Stationen verschlankt und neue hinzugefügt“, berichtete Birgit Denizel, Projektleiterin der Residenzort Rastede GmbH, die den Relaunch initiiert hat. „Die Texte wurden kräftig entstaubt“, ergänzte Dennis Schulz, Produktentwickler von CultureCall. Es gebe jetzt weniger Jahreszahlen, dafür mehr Audioeffekte durch Geräusche und Musik, fügte Holger Schmitt, Texter von CultureCall hinzu.

Sie habe gerne mitgewirkt, sagte Sprecherin Ruth Hunfeld. Es sei eine schöne Sache, „Historisches und Histörchen“ über einen Ort zu erfahren und Geschichte anschaulich zu vermitteln. Auch Sprecher Oliver Peuker fühlte sich durch sein Mitwirken persönlich bereichert. „Bisher dachte ich, Vorwerk sei eine Staubsaugerfirma. Jetzt weiß ich, in Rastede steckt mehr dahinter.“

Holger Piwowar, Geschäftsführer der Residenzort Rastede GmbH, bezeichnete CultureApp als „ein weiteres Projekt, das den Bereich der Gästeführungen erheblich aufwertet“. Über gpx-Dateien verfügt das neue Format aber noch nicht. Dies sei ein Vorhaben für „Rastede 3.0“ und werde im nächsten Schritt realisiert, kündigte Piwowar an.

Insgesamt 19.000 Euro hat der Outdoor-Audioguide gekostet. CultureApp wird zu 100 Prozent aus Leader-Mitteln finanziert.  „Die Überführung in die Neuzeit ist gut gelungen“, bilanzierte Bürgermeister Lars Krause.

Von Arkadenspirale bis Wolfsschlucht

Die Liste erlebenswerter Stationen reicht von der Arkadenspirale bis hin zur Wolfsschlucht, vom Bouleplatz bis zur Wassermühle. Neu aufgenommen wurden die Räubersteine im Schlosspark, die beiden Rasteder Kirchen, die Wassermühle und der Mühlenhof. Neben klassischen Hintergrund-Infos gibt es immer wieder schöne Anekdoten, zum Beispiel jene um das Nikolaus-Friedrich-Peter-Denkmal auf dem Denkmalsplatz. Als „der alte Peter“ im Juni 1900 starb, haben die Rasteder, die ihn wohl sehr verehrten, für ein Ehrenmal gesammelt. Bahnhofswirt Loheyde gab 99,50 Mark, viel Geld für die damalige Zeit. Aber warum die krumme Summe? Der Herzog habe kurz vor seinem Tod in der Bahnhofsgaststätte noch einen Rosenlikör getrunken und die 50 Pfennig dafür nicht bezahlt, teilt CultureApp mit. Diesen Betrag zog der Wirt von seiner Spende ab. Eine kleine, feine Geschichte. Und noch etwas fällt in den Beiträgen auf: Eine anachronistische Adelsverehrung gegenüber dem Haus Oldenburg gibt es nicht. Im Text zum Herzog-Denkmal wird zum Beispiel darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um ein kulturhistorisches Relikt handelt. Als Zeugnis der Ehrerbietung wirke es heute sehr fremd.