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Herrenloses Damenfahrrad

Gendern, Männer an der Pinkelrinne, aber auch Corona und der Zusammenhalt in der Gesellschaft: Ellernredner Klaus Buur Decker aus Jade nahm heute Mittag kein Blatt vor den Mund und erhielt starken Applaus

Von Britta Lübbers

Seit drei Jahren wusste Klaus Decker, dass er Ellernredner sein würde. Eigentlich hätte er schon 2020 antreten sollen, doch dann kam Corona und das Ellernfest fiel aus. Das Schwerste sei gewesen, so lange den Mund zu halten, gestand Decker dem Publikum. Aber er hielt dicht und trat nach der Zeit des Wartens mit Elan und Gummistiefeln auf die Bühne. Das musste so sein, denn Decker präsentierte seine inzwischen auch überregional bekannte Kunstfigur Klaus Buur. Der ist ein Mann aus dem Volk, der mit Bauernschläue das Zeitgeschehen kommentiert und auch gerne derbe Späße macht. Den zahlreichen Gästen im Festzelt gefiel, was sie hörten. Immer wieder erhielt Decker Szenenapplaus, immer wieder wurde herzhaft gelacht.

Klaus Decker kommt aus der Gemeinde Jade. Im Hauptberuf ist er Betriebswirt und Unternehmensberater, zudem Ratsherr und Mitglied der Niederdeutschen Bühne Varel. Aufgewachsen ist er auf einem Bauernhof. „Nur zwei Gesichter sind zu wenig für meine vielen Rollen“, sagt er über sich. Die Rolle des Buur Decker hat ihm einige Popularität eingebracht. Und so war es nur konsequent, dass dieser bodenständige Landwirt, der ein loses Mundwerk, aber das Herz am rechten Fleck hat, die Ellernrede hielt.

„So veele Lü, Carsten Pundt, du Hund, das hässt du mi nich vertellt!“, wandte sich Decker zum Auftakt charmant an seinen Gastgeber. Dann legte er locker los, und das zu großen Teilen auf Platt.

„Liebe Anwesende“, begann er traditionell und stockte sogleich. Dürfe man das sagen, sei das korrekt im Sinne des Genderns? Vom Gendern hält der Buur aus Jade selbstredend gar nichts. Und stellte die verschmitzte Frage, wie das Fundbüro künftig den Begriff „herrenloses Damenfahrrad“ übersetzen solle. Geht nicht, lautete seine Schlussfolgerung.

Die Legalisierung von Cannabis verband Decker umstandslos mit dem Anlegen von Blühstreifen, und dies sogar gereimt – mit Gräsern und Kräutern sei er als Landwirt schließlich vertraut, und die Natur mache ihn poetisch, verriet er. Das klingt dann so: „Dem Klimawandel zugewandt, blüht Hanf jetzt gar am Wegesrand.“ Sollte es auf diesen Wiesen brennen, „kommt dann die Feuerwehr herbei, atmet ein – und ist gleich high.“

Den schlechten Zustand der Kleibroker Straße betrachtete Decker als Versuch, die Abwanderung der Bevölkerung wegen der hohen Immobilien- und Grundstückspreise in Rastede schon im Keim zu ersticken. Nicht leiden kann Buur Decker Corona-Leugner und Corona-Spaziergänger, aber die Corona-Regeln belasten auch ihn. „Umarmen tabu, mit Verlaub so’n Kack, Corona geht mir auf’n Sack!“ Einen Riesenapplaus bekam der Redner, als er sein Unverständnis darüber äußerte, dass Rasteder Musikgruppen wie die Showband und die Blue Lions außerhalb proben müssen, weil Anwohner den Lärm der Übungen kritisieren. „Da fass ich mir an den Hut! Ich wünsche mir, dass die Menschen wieder lernen, gönnen zu können.“

Der Gemeinde Rastede riet der Buur, ihre touristischen Attraktionen wie den Schlosspark besser zu bewerben. Da sei viel mehr möglich. Bei Bedarf könne man hier von Jade lernen.

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„Wir sind so international, dass wir einen Mann aus Jade die Ellernrede halten lassen“: Bürgermeister Lars Krause (r.) und Lars Hanekamp vom Verkehrsverein Rastede bedankten sich bei Buur Decker mit Blumen und Urkunde | Foto: Lübbers

Zum Schluss erzählte der gestiefelte Bauer noch einen Latrinenwitz mit „Druck auf der Leitung“, der erstaunlich gut ankam. Aber er zeigte auch eine weiche Seite. In der Krise, so mahnte er, müsse man zusammenstehen. Wenn Energie knapp werde, könne die Gesellschaft immer noch zwischenmenschliche Wärme erzeugen. Trotz der latenten Bissigkeit, die zu einer guten Ellernrede ja dazugehört, gab sich der Buur sehr zugewandt – auch, als er den Rastederinnen und Rastedern für ihre Unterstützung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine dankte. „Das ist ganz großartig!“ Und das meinte er ganz ernst.