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Die Faszination der Fadenpilze

„Gewächse und Geflechte“ mit Arbeiten von Barbara Schmitz-Becker heißt die Ausstellung, die ab Sonntag im Palais Rastede zu sehen ist

Von Britta Lübbers

Gewächshaus, Geflecht, Moortransplantation: Die Namen, die Barbara Schmitz-Becker ihren Objekten gibt, erinnern eher an Labore als an ein Atelier. Und genau das ist gewollt. Diese Künstlerin holt sich ihre Anregungen ausnahmslos aus der Natur. Sie interessiert sich für Kleinstlebewesen, die von den meisten Menschen übersehen werden. Pilze unter dem Boden, Libellen in der Luft: Barbara Schmitz-Becker ist fasziniert von der Vielfalt dessen, was nahezu unbemerkt um uns herum fliegt, wogt und wuchert. Mit einem 3-D-Stift vergrößert sie, was Luft und Boden, Moose, Sträucher und Gras ihr servieren. Dabei bleibt sie konsequent an der natürlichen Vorlage und schafft doch Gebilde von sehr eigenem Charme und hohem Kunstwert.

Der Libellenflügel zum Beispiel wird zum feingezeichneten Wandobjekt. Exakt im Maßstab 50:1 vergrößert, wirkt er immer noch fragil. Von Nettetal nahe Düsseldorf, wo die Künstlerin lebt, ist er gekommen und hat nun eine vorübergehende Heimstatt im Palais Rastede gefunden. Noch mehrere Tage wird es dauern, die Ausstellung, die von der Stiftung Kunst und Kultur der LzO unterstützt wird, aufzubauen. Die Objekte aus feinem Draht und handgestanztem Moosgummi wiegen fast nichts. Sie reisten aber alle in großen Kisten an, denn sie brauchen Platz, um nicht gequetscht zu werden, und später benötigen sie ausreichend Raum, um ihre Wirkung zu entfalten. Am Sonntag, 11. Juli, 11 Uhr, wird die die Schau im Palais Rastede eröffnet, wo sie bis zum 5. September zu sehen ist.

Sie sei beeindruckt von der Leichtigkeit der Kunstwerke, die – kaum dass man einen Ausstellungsraum betritt – zu zittern beginnen und Schatten werfen, sagt Palaisleiterin Dr. Claudia Thoben. Es komme ihr so vor, als wären die Kunstgewächse lebendig, „ja, als würden sie in den Räumen wuchern und weiterwachsen“. Ein Effekt, mit dem Barbara Schmitz-Becker durchaus einverstanden ist. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit Kleinstlebewesen und ist nach wie vor begeistert von ihrer Vielfalt und ihren Fähigkeiten. Besonders die Fadenpilze haben es ihr angetan, die ölverseuchte Böden beim Durchwandern von Schadstoffen befreien können. Pilze sind es auch, die Hormone und Medikamentenrückstände aus dem Trinkwasser filtern.

Als sie anfing, Kunst und Wissenschaft zu verbinden, habe man ihre Arbeit als eher unpolitisch betrachtet, erzählt Barbara Schmitz-Becker. Davon unbeeindruckt machte sie weiter. Jetzt, da ökologische Themen zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnen, attestiere man ihr das Gegenteil. „Darauf zu schauen, was wir haben, ist ein guter Anfang, es zu bewahren“, sagt die Künstlerin. Von Holzhammerdidaktik hält sie gar nichts. „Ich möchte auf sinnliche Weise für die Wertschätzung der Natur werben.“

Schon früh sei sie durch ihren Vater, einen Naturwissenschaftler, der malte und bildhauerte, für den Reichtum der Natur sensibilisiert worden. Wer mit ihr wandern gehe, habe es nicht leicht, lacht sie. Zu oft bleibe sie stehen, weil sich immer etwas Spannendes am, auf oder unter dem Weg finden lasse. Studiert hat sie zunächst weder Biologie noch Kunst, sondern Klassische Philosophie. Erst später nahm sie ein Design-Studium auf und richtete sich ein eigenes Atelier ein, in dem auch ein Mikroskop seinen festen Platz hat.

Es wird noch einige Tage dauern, bis die Rauminstallationen, inspiriert von Gartenfunden und Cumulus-Wolken, ihren perfekten Platz im Palais gefunden haben. Barbara Schmitz-Becker mag nicht nur ihren aktuellen Arbeitsort, sondern auch den Weg dahin. „Noch nie habe ich einen so schönen Arbeitsweg gehabt“, schwärmt sie. „Im Palaisgarten gibt es ganz wunderbare Baumpilze.“

Von 11 bis 15 Uhr wird sie am Sonntag zur Ausstellungseröffnung anwesend sein. Wegen der Corona-Regeln ist eine klassische Vernissage nicht möglich. Aber ein Gespräch mit der Künstlerin durchaus. „Darauf freue ich mich sehr“, sagt sie. Es sei vor allem dieser Austausch, den sie während des Lockdowns vermisst habe.