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Am 2. März ist nach über 100 Jahren Schluss

Seit 1913 ist das Fahrradgeschäft an der Ecke Raiffeisenstraße/Oldenburger Straße in Familienbesitz. Jetzt setzen sich die Inhaber zur Ruhe. Der Landkreis plant, das Grundstück zu kaufen – als Option für einen Kreisverkehr.

Von Anke Kapels

„Irgendwann muss Schluss sein“, sagt Hans-Hermann Hinrichs. Schluss heißt, dass der 78-Jährige und seine Frau Waltraut das seit 106 Jahren im Familienbesitz befindliche Fahrradgeschäft an der Ecke Raiffeisenstraße/Oldenburger Straße Anfang März endgültig schließen werden. Nach Gesprächen mit der Gemeinde und dem Landkreis Ammerland plant der Kreis, das Grundstück samt Immobilie zu kaufen. „Als Option, wenn die Planungen für einen Kreisverkehr doch realisiert werden sollten“, sagt Hans-Hermann Hinrichs. Bis 2020 werden er und seine Frau im Gebäude wohnen bleiben, dann sollte ihr neues Domizil – nicht weit vom jetzigen Standort entfernt – fertiggestellt sein. Nach dem Umzug wird das markante Gebäude an der großen Kreuzung wohl dem Bagger zum Opfer fallen.

1913 hatte der Großvater von Hans-Hermann Hinrichs das Haus gekauft – es beherbergte zuvor die erste Molkerei Rastedes – und das Fahrradgeschäft gegründet. Im Verlauf der Jahre kamen auch Autoreparaturen dazu. Hans-Hermann Hinrichs ist Kfz-Mechanikermeister und hat die Firma 1974 von seinem Vater übernommen. Anfangs gab es hier noch eine kleine Tankstelle. „Von morgens um 7 bis abends um 22 Uhr war Betrieb. Es musste immer jemand da sein“, sagt Waltraut Hinrichs. „Aber ich habe die richtige Frau erwischt, sie kannte das viele Arbeiten, und es hat uns beiden Freude gemacht“, sagt ihr Mann. Unterstützt wurden er und seine Frau von seinen Eltern, die mit im Haus wohnten – eine Konstellation, die manchmal auch ihre Herausforderungen hatte, wie Waltraut Hinrichs lächelnd erzählt.

Bis Anfang der 1980er Jahre gab es die Tankstelle. „Dann endlich hat mein Mann meinen Berechnungen geglaubt, die besagten, dass wir viel Zeit investieren, aber nur wenige Einnahmen erzielen“, betont Waltraut Hinrichs. Sehr viel ruhiger wurde es aber nicht. Das Geschäft mit der Reparatur von Autos und Motorrädern lief gut. Als immer mehr Elektronik in die Autos einzog und große Investitionen für Mess- und Testgeräte anstanden, habe man sich von dieser Sparte verabschiedet. Aber auch im Fahrradladen war viel zu tun. „Unsere zwei Söhne haben uns fast immer nur im Geschäft gesehen“, bedauert Hans-Hermann Hinrichs. Deshalb freuen er und seine Frau sich auf den Ruhestand und die Zeit, die sie nun mit ihren fünf Enkelkindern verbringen können.

Körperlich sind beide noch fit, sieht man sie doch seit 50 Jahren jeden Morgen beim Frühschwimmen im Schwimmbad. Fehlen werden den beiden aber die Gespräche mit den Kunden. „Wir waren so etwas wie ein Tante-Emma-Laden. Oft ist uns das Herz ausgeschüttet worden. Auch wenn das Leben immer hektischer wurde – wir haben uns die Zeit genommen“, sagen Waltraut und Hans-Hermann Hinrichs. Deshalb ist es dem Ehepaar auch so wichtig, weiterhin am Ort zu wohnen – denn „man trifft sich“, sind sie sich sicher.