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Von Bethlehem bis Che Guevara

Am Wochenende war die Gruppe Laway mit ihrem Programm „Musik in d‘ Lüchterkark“ in der St.-Ulrichs-Kirche zu Gast und präsentierte nicht nur Adventliches

Von Ursula von Malleck

Im dunklen Kirchenschiff sitzen die Menschen dicht an dicht, unter ihnen auch ca. 30 Flüchtlinge aus dem Projekt „Fremdsein überwinden“ des Ev. Bildungswerks. Pünktlich um 19.30 Uhr dröhnen vom Eingang her dumpfe, fast bedrohlich klingende Marschtrommelschläge. Das Licht einer Kerze, getragen von Jörg Fröse, erscheint. Dicht hinter ihm streben Albertus Akkermann mit seinem Akkordeon und Jonas Rölleke mit seiner Geige gemessenen Schrittes dem von Weihnachtsstern und Kerzen erleuchteten Altarraum zu. Ihr intoniertes „In Dulci Jubilo“ mildert die harschen Schläge, die die zarte Carmen Bangert als Schlusslicht mit der Riesentrommel erzeugt. „De Winter is en unwert Gast“ klagt vom Altarraum her die leicht angeraute Stimme von Balou (Gerd Brandt), und die Gitarren von Sohn Keno und Manuel Bunger stimmen ihm bitter zu. Beide Stücke verschmelzen im Näherkommen miteinander, trennen sich wieder, formen mal Quodlibet, mal Medley, um dann in einem temperamentvollen „In Dulci Jubilo“ zu gipfeln, das von allen gemeinsam intoniert und auf Platt gesungen wird. Der erste Riesenapplaus für die Gruppe „Laway“, die auch in diesem Jahr mit „Musik in d‘ Lüchterkark“ ein ungewöhnliches Programm präsentiert, dessen besonderer Reiz in seiner unübertroffenen Vielfalt liegt. Sensibel zusammengestellt trifft Folkloristisches aus allen möglichen Weltecken auf Opernarien, getragene englische Weihnachtschoräle oder Barockmusik. Ebenso reizvoll sind die sieben unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten, ihre Singstimmen und der Einsatz von rund 20 verschiedenen Instrumenten, darunter Harfe, Concertina, Cister und Tin-Whistle. Die Seele dieses hoch professionellen Konglomerates ist Gerd Brandt, dessen Herz dem Publikum zufliegt, das für ihn wie ein Teil seiner Familie ist.

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Manuel Bunger bedankt sich beim Publikum für den großen Applaus (hier mit Jörg Fröse, Albertus Akkermann und Balou /Gerd Brandt)

Nein, ein „Fremdsein“ braucht hier niemand zu überwinden. Sehr persönlich führt Brandt durch das Programm aus über 20 Stücken, die wechselweise adventlich, besinnlich oder von überschäumender Lebensfreude geprägt sind. Es ist ergreifend, wenn der gewichtige Wattführer Albertus Akkermann Angst und Hoffnung der Menschen bei der „Grooten Watersnood to Wiehnacht 1717“ unter der Melodie von „Halelluja“ auf Platt Ausdruck verleiht, oder Jonas Rölleke, in seinem Geigenspiel versinkend, die schwierigsten Passagen der „Allemande“ von Bach aus dem Handgelenk fließen lässt. „Na Bethlehem ik gah“ als Seemanslied ist wie ein großes Fest. Als Manuel Bunger nach der von Keno und Jonas sensibel intonierten „Fantasie in C-Dur“ (F. Schubert) seine eigene Flamenco-Interpretation „God rest you Andaluz“ spielt, die nahtlos in die Arie „God rest you merry Gentlemen“ (Keno Brandt) übergeht, hätte man eine Stecknadel fallen hören können, bevor der frenetische Applaus losbricht. Auch sehr gefeiert: „Hasta siempre Comandante“, ein Lied über den Revolutionsführer Che Guevara.

Mit ihrem warmen Mezzosopran setzt Carmen Bangert dem gesamten Programm immer wieder besondere Glanzlichter auf, während der virtuose Multi-Instrumentalist Jörg Fröse nicht weniger brillant im Hintergrund wirkt. Am 5. Januar wird die Lüchterkark „aus dem Dorf getragen“ und mit einer atmosphärischen Lichtinstallation im PFL Oldenburg gezeigt.