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Von Heimat, Fremde und Milchkannen

„Angekommen in der Fremde“ heißt ein Projekt des Kunstpfads Ammerland, das Werke von Künstlerinnen und Künstlern vorstellt, die ihre Wurzeln in anderen Kulturen haben. Die letzte Ausstellung der ambitionierten Reihe wurde gestern im Palais Rastede eröffnet und ist noch bis zum 25. Juni zu sehen.

Von Britta Lübbers

An sechs Orten im Ammerland wurden seit Anfang des Jahres die Werke jeweils unterschiedlicher Künstler, u.a. aus Afrika, Syrien und der Türkei, gezeigt. Den Abschluss bildet die Schau in Rastede. Hier stellen die gebürtige Argentinierin Teréz Fóthy, die ungarische Wurzeln hat und seit rund zehn Jahren in Ostfriesland lebt, und Flatter Zenda, ein junger Künstler aus Zimbabwe, aus. Während Fóthy zur Vernissage anwesend war, konnte Flatter Zenda nicht teilnehmen. Sein Künstlervisum war nicht verlängert worden, obwohl der Afrikaner eigentlich bis September hätte bleiben sollen. „Wir haben versucht, die Gründe in Erfahrung zu bringen, haben bei offiziellen Stellen aber keine Antwort bekommen“, erzählte Jörg Weden vom Kunstpfad Ammerland in seiner Eröffnungsrede. So war es an diesem Morgen Teréz Fothy allein, die als Weltbürgerin dafür stand, in der Fremde angekommen zu sein. In strahlendes Weiß gekleidet und mit einem ebenso strahlenden Lächeln erläuterte sie alle Fragen rund um ihre Kunst.

Teréz Fóthy ist eine Grenzgängerin zwischen unterschiedlichen Welten – im Leben wie in der Kunst. Geboren wurde sie in Buenos Aires als Kind ungarischer Einwanderer. Ihre Familie war vor sowjetischer Unterdrückung nach Argentinien geflohen. Hier erlebte Fóthy dann die Schrecken der Militärdiktatur. Wie schon ihre Eltern und Großeltern emigrierte auch sie, lebte eine Zeit lang in Spanien, in Indien und Brasilien, bis sie eine neue Heimat in Friedrichsfehn fand. Eine Weltbürgerin im Ammerland? „Oh ja, das geht sehr gut“, lachte die Künstlerin.

Einzigartig sind ihre fast fotorealistischen Abbildungen auf ausrangierten Jutesäcken. „Die Jute ist genau mein Medium“, betonte Fóthy. „Die Künstlerin betreibt viel Aufwand mit dem Material“, wusste Jörg Weden und lobte auch die hintergründigen Betitelungen der Werke. So hat Fóthy eine mit sicherem Strich auf Jute gemalte Milchkanne als „Gefäß für starke Gefühle“ bezeichnet. „Hier wird ein Gefäß zum Depot“, erläuterte Weden. Gefühle wie Vertrauen und Stärke könnten aufbewahrt und in harten Zeiten als Mutmacher hervorgeholt werden. „Ich muss nicht zerbrechen“, diese Botschaft sieht Weden in Fóthys Bildern.

Auch der abwesende Flatter Zenda arbeitet mit Chiffren. Auf seinen farbigen Ölbildern sind farbsatte Straßenszenen in Afrika zu sehen, ein wiederkehrendes Motiv sind Frauen, die große Wasserkrüge auf dem Kopf balancieren. „Zwei Mütter“, heißt ein Bild, ein anderes schlicht „Überleben“.

Bürgermeister Dieter von Essen lobte in seiner Begrüßung, dass der Kunstpfad Ammerland mit dieser Ausstellung über Heimat und Fremdsein erneut ein überaus zeitgemäßes Projekt realisiert habe. „Kunst ist eine hervorragende Möglichkeit, miteinander in Kontakt zu kommen“, sagte von Essen.

Lesen Sie den ausführlichen Text zur Ausstellung in der nächsten rasteder rundschau.